Amsel, Drossel, Fink und Star

In der Stadt die ganze Vogelschar

Amsel, Drossel, Fink und Star

Vögel fallen auf! Sie fliegen, sind vor allem in der Frühe morgens zuweilen recht laut und einige von ihnen meiden den Menschen ganz und gar nicht, sie suchen förmlich seine Nähe. Denn sie sind – wie viele andere Tierarten auch – Opportunisten. Dazu gehören ganz besonders diejenigen Vogelarten, die in den Ballungsräumen äußerst häufig anzutreffen sind: Singvögel, Tauben und Rabenvögel.

Vögel sind Opportunisten! Dies ist ein kurzer Satz mit großer Bedeutung. Eigentlich ist das nichts Neues. Neu ist jedoch die hohe Artenvielfalt und Dichte in den Städten im Vergleich zur ländlichen Umgebung. Und das ist der Trend der vergangenen Jahrzehnte: Je nachdem, wie intensiv „draußen“ die Felder genutzt werden; und je nachdem, wie grün die Städte „drinnen“ sind, desto stärker ist der Unterschied in der Vogelwelt: In den Städten leben mittlerweile mehr Vogelarten als außerhalb. Städte und ihr unmittelbares Umfeld bieten den Vögeln einfach mehr als unsere ländliche Umgebung.

Unsere Gärten bieten Vögeln ein Mosaik verschiedenster Lebensräume. Es sind naturnahe Gärten mit Obstbäumen, Nistkästen und Gartenteichen sowie der zunehmende Verzicht auf Insektenvertilgungsmittel. Hinzu kommt die Tendenz, heimische Sträucher wie „Hagebutte“, Pfaffenhütchen, Eberesche oder Holunder anzupflanzen.

Auf der anderen Seite lassen die immer effizienteren Insektenvertilgungsmittel und Unkrautvernichtungsmittel Getreide, Kartoffeln, Salat und Porree in den Supermärkten immer billiger werden, aber sie verderben auch den Vogelarten auf den Äckern, Wiesen und Weiden immer häufiger den Appetit.

Warum genau sind die Städte attraktiver als die modernen landwirtschaftlichen Höfe, die Wiesen, Weiden und Felder draußen auf dem Lande? Die Antwort ist eine lange Liste scheinbarer Kleinigkeiten. Doch ihre Summe auf relativ engem Raum ist entscheidend. Hier einige Beispiele:

Gewerbegebiete

Heutige Viehställe im ländlichen Raum sind fast vollständig verschlossen – Werkshallen in Gewerbegebieten aber nicht. Wo findet man also Rauchschwalbe und Hausrotschwanz? Oft in Gewerbegebieten und immer weniger auf modernen landwirtschaftlichen Betrieben. Zum Teil haben sich die früheren Vögel der Scheunen und Bauernhöfe zu regelrechten Standvögeln in Gewerbegebieten entwickelt, denn Fabrikhallen sind warm und bieten genügend Kellerasseln, um die Vögel über den Winter zu bringen.

Altbauten

Mauersegler sind typische Sommervögel großer Innenstädte, in denen es einen noch gut erhaltenen Altbau-Bestand gibt. Dazu gehören Duisburg, Essen, Bochum, Gelsenkirchen, Recklinghausen oder Dortmund. Denn Mauersegler benötigen Mauerlücken jeder Art für die Aufzucht ihrer Jungen. Ein fehlender halber Ziegelstein reicht als Einflugloch für eine geeignete Bruthöhle. Hundertprozentig abgedichtete Hausfassaden moderner Niedrigenergiehäuser erzeugen jedoch Wohnungsmangel für Mauersegler.

Hausfassaden

Mehlschwalben nutzen helle, glatte Fassaden unter Dachfirsten oder unter Regenrinnen als Nistplatz. Nicht umsonst nannte man die Mehlschwalbe früher auch „Stadtschwalbe“. Mehlschwalben benötigen allerdings feuchten Lehm für ihre Nester. An den Stadträndern, also dem Übergang zwischen städtischem und ländlichem Lebensraum, gibt es diese Häuser noch. In den Innenstädten finden Mehlschwalben dagegen nur noch selten feuchten Lehm. Diese Vögel nutzen aber gerne fertige Nisthilfen, die für rund 15 bis 20 Euro in jedem Baumarkt erhältlich sind.
Asphalt

Die asphaltierten Flächen gelten eher als negativ, wenn über Natur gesprochen wird. Doch für Stadtvögel sind sie nach jedem Regenguss und nach jedem vom Menschen herbeigeführten Wassereinsatz (Straßenreinigung, Autowäsche, Gartenbewässerung) willkommene Möglichkeit zum Baden und Trinken.

Hinterhöfe und „unordentliche“ Gärten

Rotkehlchen, Hausrotschwanz, Zaunkönig und sogar Amseln sind typische Stadtvögel, die jede Nische zum Brüten nutzen. In der vergessenen Gießkanne in einer dunkeln Gartenecke brütet das Rotkehlchen, hinter dem Armaturenbrett eines rostigen Schrottautos der Hausrotschwanz und auf dem Balken im Dachgiebel die Amsel. Und ein Buchfink kann als Nistmaterial alle möglichen Dinge nutzen, ein Stück Plastikfolie, Moos aus kurz geschnittenem Zierrasen und sogar die Hundehaare aus dem nächsten Park.

Kompost

Komposthaufen machen Arbeit! Familien in Einfamilienhäusern machen sich diese Arbeit eher selten. Bei Kleingärtnern gehört ein guter Komposthaufen aber zum guten Ton. Diese sorgen zusammen mit ausgebuddelten Löchern und einem frisch gemähtem Rasen bei Amseln, Singdrosseln und Rotkehlchen für einen gedeckten Tisch aus Regenwürmern, Asseln, Nacktschnecken und vielem anderen.

Hecken

Hecken durchziehen in Ballungsräumen Friedhöfe, Parks und Gärten. Sie bestehen meist aus Weißdorn, Hainbuchen, Liguster, seltener aus Schlehen, Eiben und Ilex und zunehmend aus nicht einheimischen Arten wie Kirschlorbeer. Sie alle sind dicht und bieten Schutz gegen Raben- und Greifvögel, Hauskatzen und Hunde. Je nach Umfang und Höhe sind sie daher beliebte Nistplätze und Zufluchtsorte für Schwanzmeisen, Dompfaffe, Grünfinke, Stieglitze, Heckenbraunellen sowie verschiedene Arten von Grasmücken und Amseln.
Straßenopfer

Greifvögel wie der Mäusebussard sitzen gezielt an Autobahnen oder großen Einfallstraßen, um auf überfahrene Kaninchen, Igel, Katzen, Füchse oder andere Vögel zu warten. Diese Nahrungsquelle steht auch im Winter zur Verfügung, und zwar nicht nur den Vögeln, sondern auch Säugetieren wie dem Fuchs.

Fortsetzung folgt…

 

Text: Alexander Krebs, Peter Schütz, Volker Kienast

Alle Bilder: © Wildes Ruhrgebiet – Alexander Krebs